Herzberg 10.05.2006 (Quelle: lr-online)
Die Geburtstags-Intrige
Eine große Feier, die möchte er eigentlich gar nicht veranstalten.
Das haben seine Freunde und Mitstreiter sehr wohl vernommen. Sich selbst
feiern lassen - daran ist ihm noch weniger gelegen. Doch all dies ganz
vermeiden - das liegt in den nächsten Stunden nicht in seiner Macht.
Heute zumindest nicht. Herzlichen Glückwunsch, Horst Gutsche, zum
70. Geburtstag! Alles Gute von den Herzberger Münzfreunden, von den
Gleichgesinnten im Kultur- und Heimatverein, von der evangelischen Kirchgemeinde
Herzberg, von vielen Weggefährten und ehemaligen Schülern -
und von der Heimatzeitung. Dieser Platz, sehr verehrter Herr Gutsche,
war schon recht lange für Sie reserviert.
Horst Gutsche - seiner heimatgeschichtlichen Leidenschaft geschuldet
- trägt zu vielen Anlässen auch historische Kleidung.Diese Medaille
wird Horst Gutsche heute von den Herzberger Münzfreunden als Geschenk
erhalten. Ein Unikat mit seinem Bildnis, dessen Entwurf und Herstellung
eigens zum 70. Geburtstag des Vereinsvorsitzenden "hinter seinem
Rücken" vom Verein initiiert wurde.
Foto: privat Foto: Sven Gückel
Das nebenstehende Foto wird vermutlich zuerst den Blick des Jubilars
auf sich gezogen haben. Und man darf annehmen, dass Herzbergs hoch geschätzter
Numismatiker die Brille noch etwas korrekter auf der Nase zurecht gerückt
hat, um die überdimensional große Medaille mit ungläubigen
Augen minutiös zu betrachten. Wir dürfen an dieser Stelle eines
verraten, werter Herr Gutsche: Sämtliches Nachschlagen in Fachwerken
ist vergeblich: Es handelt sich um ein Unikat, das einzig und allein gegossen
wurde, um die hohe Wertschätzung und Dankbarkeit Ihnen gegenüber
auszudrücken. Medallieur ist übrigens der bekannte Dresdner
Künstler Götz-Peter Güttler.
Die Herzberger Münzfreunde e.V. haben damit im Verein erstmals ein
Tabu gebrochen - ihrem Vereinsvorsitzenden nichts von einer bevorstehenden
Aktion gesagt und diese quasi hinter seinem Rücken initiiert. Sie
hoffen, dass er ihnen diese Geburtstags-Intrige verzeihen möge und
sie eingelassen werden in die Wohnung von Horst und Gisela Gutsche, wenn
sie um 9 Uhr den Klingelknopf drücken und er die Medaille bekommen
soll. Ein bisschen Herzklopfen hat Ulf Lehmann allerdings vor diesem Moment,
wie er gestern zugab. Schließlich, und das sagte er mit verhaltenem
Schmunzeln, wisse man sowohl um die unbestrittene Fachkenntnis des Vorsitzenden
ebenso wie um dessen akkurates Handeln in allen Dingen, welches die Numismatik,
aber auch das gesamte Leben des ehemaligen Herzberger Lehrers durchzieht.
Und dann plaudert Ulf Lehmann sogar Vereinsinterna aus: "Wir schätzen
unseren Horst Gutsche über alles, doch manchmal ärgern wir ihn
auch, weil er oft so penibel ist. Aber das weiß er." Pünktlichkeit
sei für ihn Gesetz. Verspätungen würden von ihm mit gestrengem
Blick geahndet. "Und wenn wir eine Expedition unternehmen, wie zum
Beispiel der Wochenend-Ausflug nach Dresden, dann kriegt jeder Einzelne
einen Plan ausgehändigt, der sich dann in etwa so liest: Zug fährt
8.10 Uhr ab, in Klammern der Zusatz: bitte pünktlich, drei Ausrufezeichen,
Treffen nach der Pause um 14.15 Uhr an der Frauenkirche vor dem Eingang
rechts. So steht es dann im Viertelstundentakt weiter geschrieben. Wir
feixen und wissen, dass er seinen Lehrerberuf eben noch über alles
liebt. Und wir sind ja auch gern seine Schüler und sehr froh darüber,
dass er diese Korrektheit besitzt. Ohne diese wäre ernsthafte Numismatik
gar nicht möglich" , bekundet Ulf Lehmann, und während
des Erzählens wich sein Schmunzeln zwischendurch einem spontanen
Lachen. Doch fügt er noch etwas hinzu: "Trotz des Altersunterschieds
ist Horst mir persönlich zum Freund geworden."
"Hat riesig was vorgelegt"
Sein Nachfolger im Numismatiker-Kreis, darin sind sich alle Vereinsmitglieder
einig, wird es einmal schwer haben. "Es ist riesig, was er vorgelegt
hat, und seit er im Ruhestand ist und sich voll seinen Hobbys widmet,
hat die Arbeit mit den Münzsammlern noch einmal großen Aufschwung
genommen."
Ingrid Kasper, Schulleiterin der Oberschule im Kaxdorfer Weg, kennt Horst
Gutsche aus einer etwas anderen Perspektive: "Ich finde es fantastisch
und bewundernswert, dass er sich, obwohl er die Berufszeit längst
hinter sich gelassen hat, noch so für unsere Schule und für
die Bildung allgemein einsetzt." Im Förderverein hat sich Horst
Gutsche maßgeblich für die Einrichtung eingesetzt. "Wir
sind ihm zu großen Dank verpflichtet. Selten gibt es Menschen wie
ihn, die in ihrem Streiten für eine Sache nicht engstirnig denken
und stets aufs Neue die Situation hinterfragen und Ideen einbringen. Wir
wünschen ihm Gesundheit und dass er uns - egal wie auch immer - erhalten
bleibt im Wirken für die Schule. Möge er noch viele Reisen mit
seiner Frau unternehmen."
Auch Renate Timm, die Herzberger Pastorin, kennt Horst Gutsche schon viele
Jahre, genau gesagt fast drei Jahrzehnte. "Ein Loblied auf ihn als
Lehrer kann ich nicht singen, ich war nicht seine Schülerin. Doch
ist er jemand, der christliche Werte lebt und nach außen trägt.
Als Mitglied unserer Gemeinde können wir uns stets auf ihn verlassen.
Oft schon hat er mit seinen numismatischen Ideen unsere Feste bereichert.
Und er liebt Musik und besucht viele Konzerte."
Besonders in Erinnerung sei ihr auch die Zeit der politischen Wende. "Horst
Gutsche war einer, der immer Mut gemacht hat." Und freilich lässt
Renate Timm ein Ereignis nicht unerwähnt, bei dem alles in Gutsche
und seinen Mitstreitern vereinte numismatische Wissen wichtig war: der
Münzfund in der Herzberger Kirchturmkugel. "Wir haben hohe Achtung
davor und sind dankbar dafür, dass er sich so intensiv der Dokumentation
angenommen hat und damit auch geschichtliche Zusammenhänge erfasste."
Ein noch etwas anderen Blick auf den Jubilar hat Sylvius Wegner aus Herzberg.
Er war "ein Lausbub" zu jenen Zeiten, in denen Horst Gutsche
als Lehrer wirkte. Und Wegner bekennt freimütig: "Für uns
Schüler der 8., 9. Klasse war er damals der altmodische, aber auch
sehr gerechte Lehrer. Er hatte immense Geduld, doch der etwas konservative
Ruf hing ihm irgendwie an. Nun muss ich aber sagen, dass ich eher der
faule Klassenkasper war und das deshalb so verspürt habe. Mit meinem
heutigen Verstand sehe ich vor allem seine Gerechtigkeit als etwas Herausragendes
an." Und an noch etwas erinnert sich Wegner: "Wenn er etwas
erklärte: zum Beispiel die Schwerkraft in Physik, dann hat er es
mit seinem ganzen Körper getan - mit Händen, Füßen,
Armen und Beinen." Wegner, heute mitunter noch Lausbub, wenn er als
einer der "Comedians" vorm Publikum steht, hat mit großer
Freude ausgemacht, dass sein früherer Lehrer ein ausgesprochener
Loriot-Fan ist und häufig die Vorstellungen besucht. Doch verbindet
ihn mit Horst Gutsche mittlerweile noch eine andere Sache: Herzblut für
die Schule. Als Elternsprecher der früheren Realschule im Kaxdorfer
Weg hat er ihn als "100-prozentig präsent erlebt, wann immer
es um bessere Bildungsmöglichkeiten und um den Erhalt der Einrichtung
ging."
Ein volles Leben
Dass Horst Gutsche 2004 mit dem "Preis für Heimatgeschichte"
von Landrat Klaus Richter geehrt wurde, dass er bis 2003 als Hauptverantwortlicher
in der Heimatkalender-Redaktion agierte, dass er den bedeutenden Frauenhorster
Münzfreund 1996 bestimmen durfte und im Arbeitskreis Sächsischer
Münzkunde als Experte gilt, dass er die "Herzberger Schulchronik"
des 19./20. Jahrhunderts in Maschinenschrift übertrug und als Buch
2005 herausgab - all das sei an dieser Stelle nicht vergessen. Und vermutlich
wäre noch viel mehr über den Jubilar zu sagen, . . . wenn es
denn nicht bald an der Wohnungstür klingeln würde. Viel Spaß
heute,
Herr Gutsche.
Von Gabi Zahn
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