Der 26. August 1928 - ein Denkstein
in der Geschichte der Sportbewegung unserer Stadt. Einweihung der
städtischen Turnhalle und Sportplatzanlage vor 80 Jahren
Pünktlich zum 100jährigen
Jubiläum des Herzberger Fußballs konnte die neue Tribüne
im vorigen Jahr - als sichtbares Zeichen eines ehrgeizigen Neubauprojektes
- in Betrieb genommen werden. Sie ersetzt die 1951/52 gebaute markante
Tribüne in Holzbauweise als neues Wahrzeichen der Herzberger
Sportanlage. Das neue Antlitz hat inzwischen sicher auch die zahlreichen
Skeptiker dieses Unternehmens überzeugt..
Nun ist es genau 80 Jahre her, dass die Einweihung der städtischen
Turnhalle und Sportplatzanlage nach langen Kämpfen der hiesigen
Sportvereine vonstatten gehen konnte. Grund genug der Herzberger
Sportanlage einmal mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Betrachtet man
die Entstehungsgeschichte der ehrwürdigen Sportstätte,
so zeichnen sich doch einige Parallelen zur Gegenwart ab.
Schon im Jahre 1909 lag ein Antrag des Turnvereins zum Bau einer
Halle vor. Als Platz war damals die Färberwiese (im Stadtpark)
favorisiert worden. Das Projekt zerschlug sich, wurde aber im selben
Jahre erneut aufgegriffen. Man beabsichtigte nun eine Scheune zu
einer Turnhalle auszubauen. Die Verhandlungen zwischen Stadt, Sportvereinen
und der Regierung zogen sich 5 lange Jahre hin und wurden bei Beginn
des I. Weltkrieges abgebrochen.
Franz Kühnberg 1930 - Städtische Turnhalle 1928
Dass das Projekt im Jahr 1924/25
erneut in Angriff genommen wurde, ist sicher auch ein Verdienst
des früheren VfB-Vorsitzenden Franz Kühnberg. Ihm ist
es zu verdanken, dass der Verein die schwierige Zeit der Inflation
überstanden hat. 1924 wurde er in die Herzberger Stadtvertretung
gewählt. Im gleichen Jahr erfolgte die Bildung einer Turn-,
Sport- und Spielkommission, unter anderem mit dem Ziel der Schaffung
eines neuen Sportplatzes.
"Im November 1926 nahmen die städtischen Körperschaften
die Angelegenheit in die Hand. Nicht gering waren die Schwierigkeiten,
die zu beseitigen waren, bis der Plan in allen Teilen fertig stand.
Es fehlte auch nicht an Stimmen, die glaubten, daran erinnern zu
müssen, dass es wichtigere Fragen zu lösen gäbe als
den Bau einer Turnhalle. ... Dieser großzügige einstimmige
Beschluss soll unseren Stadtvätern unvergessen bleiben. Unser
besonderer Dank gebührt aber dem Magistrat unserer Stadt, der
unter der zielsicheren Führung unseres Herrn Bürgermeisters
alle die Vorbereitungen hierzu getroffen hat, der es verstanden
hat, die verschiedenen Behörden für das Bauprojekt und
die damit verbundene Bereitstellung der Mittel zu interessieren.
Ein glücklicher Gedanke war es, durch den turmartigen Anbau
unserer braven Feuerwehr einen geeigneten Übungsplatz zu schaffen"
heißt es in der Festrede des Mittelschulrektors Schröder.
An dieser Stelle sei bemerkt, das Walter Sourell (gest. am 24.04.1933
im 35. Lebensjahr) von 1926 bis 1933 das Bürgermeisteramt bekleidete,
dem die Herzberger neben der schönen Sportanlage auch die Förderung
des Stadtparks, das "alte Sommerbad" und andere bedeutende
Errungenschaften zu verdanken hatten. Ihm zu Ehren wurde im November
1933 eine "Sourell-Eiche" im Herzberger Stadtpark gepflanzt.
Im Frühjahr 1928 war es dann
soweit. In der Zeitung für den Kreis Schweinitz vom 26.01.1928
liest man in nebenstehender Ausschreibung:
Dass der Bau der Turnhalle vor
allem für den Herzberger Schulsport von historischer Bedeutung
war, beweist der folgende Auszug aus der Chronik für die Herzberger
Schulen:
"Der Sommer 1928 brachte der Schule die Erfüllung eines
lang gehegten Wunsches, den Bau und die Einweihung der Turnhalle.
Die erste Turnhalle im Kreise! Ein prächtiger Bau und mustergültig
in seiner Einrichtung. Wer die Verhältnisse im Kreise kennt,
wird die Durchführung des Baues als Großtat gern anerkennen.
Die Gesamtbaukosten betrugen 60000,- M. Es fehlte nicht nur an erheblichem
Widerstand innerhalb der Bürgerschaft; selbst die Kreisbehörde
hat Schwierigkeiten gemacht. In unserm ländlichen Kreise will
sich immer noch nicht der Gedanke Bahn brechen, dass es keine bessere
Kapitalsanlage gibt, als für unsere Jugend Pflegestätten
für den Körper und Geist zu schaffen."
Ausführlich berichtete die
Zeitung für den Kreis Schweinitz vom 28.08.1928 über die
Einweihung der Turnhalle und des Sportplatzes. Nachdem sich die
Vereine um 13 Uhr auf dem Schulplatz versammelt hatten, folgte ein
kurzer Umzug durch die Magister-, Torgauer - und Schliebener Straße
zum neuen Sportplatz. Um 14 Uhr erfolgte die Weihe der "Jahnturnhalle"
und des Sportplatzes mit einer Festrede des Mittelschulrektors Schröder
unter Mitwirkung des hiesigen Männergesangsvereins. Der Landrat
Dr. Niese überbrachte die Glückwünsche des Herrn
Regierungspräsidenten und Baumeister Milsch übergab das
große Schlüsselbund für die Turnhalle dem Bürgermeister.
Daran schlossen sich eine Besichtigung der Turnhalle durch die geladenen
Ehrengäste und Massenfreiübungen an. Die Freiwillige Feuerwehr
führte Schulübungen aus und der Steigerzug bestieg den
Feuerwehrturm mit Hakenleitern. Um 15 Uhr begannen die leichtathletischen
Wettkämpfe. Aus dem umfangreichen Wettkampfprogramm sei die
Ergebnisliste des Fünf-Kampfes für Aktive widergegeben:
1. Kurt Lehmann, VfB, 191 P.,
2. Hans Krause, VfB, 158 P.,
3. Adolf Levie, Turnverein, 146 P.,
4. Erwin Braunhold, VfB, 144 P.,
5. Heinz Scheibe, Turnverein, 140 P.,
6. Fritz Richter, Turnverein, 138 P.,
7. Susen, Falkenberg, (außer W.) 132 P.,
8. Willi Bock, VfB, 129 P.,
9. Franz Caspar, VfB, 123 P.,
10. Gustav Zimmermann, VfB, 119 P.,
11. Paul Schulze, Turnverein, 119 P.,
12. Walter Kühne, Turnverein, 116 P.,
13. E. Hennersdorf, VfB, 115 P.,
14. Kurt Schülert, Turnverein, 112 P.,
15. Herbert Werner, VfB, 112 P.,
16. Ernst Kienöl, VfB, 103 P.,
17. Gehn, Turnverein, 101 P.,
18. Erich Graßmann, VfB, 97 P.,
19. Erhard Lehmann, VfB, 92 P.,
20. Siegfried Prinz, Turnverein, 89 P.,
Eines der wenigen erhalten gebliebenen
Erinnerungsstücke an diesen Tag ist die Urkunde des Turnvereins
für den 2. Platz in der vier mal 100-Meter-Staffel für
Aktive:
1. VfB I Herzberg, 48,6 Sek.
2. Turnverein Herzberg, 50,0 Sek.
3. Allemannia Jessen, 51,1 Sek.
4. VfB II Herzberg, 53,0 Sek.
Um 18.30 Uhr erfolgte die Siegerverkündigung durch Bürgermeister
Sourell auf dem Marktplatz, der der Hoffnung Ausdruck gibt, "dass
der Tag zu aller Zufriedenheit verlaufen und der 26. August 1928
ein Denkstein in der Geschichte der Sportbewegung unserer Stadt
sein möge."