100 Jahre Fußball in Herzberg

"Die Zukunft des Fußball ist weiblich"

So wird der Weltverbandspräsident Joseph Blatter oft zitiert, wenn es um den Frauenfußball geht. Auch im Herzberger Umfeld wird sich vielleicht der eine oder andere "Fußballexperte" mit dieser These auseinander gesetzt haben. Die Frauenmannschaft des VfB Herzberg 68 hat mit ihrem Meisterschaftsgewinn 2006/07 in der Frauenspielunion Elbe-Elster/Riesa-Großenhain/Senftenberg den sportlichen Glanzpunkt im Jubiläumsjahr gesetzt. Sie gibt eindeutig die Marschrichtung für den Verein vor. Deshalb ist es an der Zeit dem Frauenfußball in der Reihe "100 Jahre Fußball in Herzberg" einen Artikel zu widmen.

Nettie Honeyball in ihrem Fußballdress

Obwohl Frauen diese Sportart schon sehr lange ausüben, war die männliche Begeisterung nicht immer so groß - ganz im Gegenteil. Im Jahr 1894 wurde auf Initiative von Nettie Honeyball in England der erste Frauenfußballklub - die British Ladies - gegründet. Am 23.03.1895 kam es vor mehreren 1000 Zuschauern zum ersten offiziellen Fußballspiel London-Süd gegen London-Nord 1 : 7. Die damalige Presse zeigte sich über das sportliche Outfit der Damen amüsiert. Die Gentlemen des Fußballverbands fanden das weniger lustig und verboten 1902 die Austragung von Spielen gegen die Ladys-Teams. Nach dem I. Weltkrieg entstanden wieder Frauenfußballklubs in England und auch in Frankreich. 1921 wurde in den englischen League-Stadien der Frauenfußball wieder verboten. In Deutschland war bis zum Ende des II. Weltkrieges an Frauenfußball gar nicht zu denken. Erst als 1954 die deutschen Herren überraschend Weltmeister wurden, wollten auch Frauen wieder spielen. Die Herren des DFB sahen das anders und verboten 1955 Frauenmannschaften in die Vereine zu integrieren. Insbesondere die Befürchtung, die Frauen könnten einen eigenen, unabhängigen Fußballverband gründen, bewegte den DFB 1970 zur Aufhebung des Spielverbotes für Damenmannschaften, jedoch nicht ohne den Frauen ein paar Auflagen mit auf den Weg zu geben: keine Stollen, kürzere Spielzeiten, leichtere Bälle und eine halbjährige Winterpause sollten der "schwachen Natur" der Frau Rechnung tragen.

Mannschaft London-Nord vom 23.03.1895 mit Nettie Honeyball (2. von links in der vorderen Reihe)

Bis der Frauenfußball auch von einer breiteren Öffentlichkeit wahrgenommen wurde, dauerte es noch über zwanzig Jahre. Eine unglaubliche Serie von sechs Europameistertiteln und der WM-Sieg 2003 sorgten dafür, dass Frauenfußball heute populär ist.

Schaut man in die 100jährige Vereinsgeschichte des Herzberger Fußballs, so besaß auch der VfB Herzberg vor dem II. Weltkrieg zeitweise eine Frauenabteilung, die sich allerdings nur mit Gymnastik und Tanz befasste. Sie wurde meist dazu "missbraucht", die zahlreichen Vereinsfeierlichkeiten mit ihren Beiträgen zu bereichern. Bereits Ende der 1940er Jahre gab es im Verein eine Handball-Frauenmannschaft, die auf Großfeld spielte und es in den 50er Jahren zu beachtlichen Erfolgen brachte.

Frauenmannschaft der Herzberger Fußballfreunde am 7.6.1975: hintere Reihe v. l. Bärbel Klee, Annerose Geyer, Doris Kunigk, Lydia Kunigk, vorn v. l. Marlies Nollau und Marion Berger

Die ersten Versuche im Herzberger Frauenfußball gehen allerdings auf das Jahr 1975 zurück. Zu verdanken sind diese frühen Bemühungen den Klee-Brüder, die man zweifellos auch als die Begründer der Fußball-Volkssportbewegung im Herzberger Umfeld bezeichnen kann. Anlässlich eines Fußballturniers in Malitschkendorf fand unter außergewöhnlichem Zuschauerinteresse parallel auch ein Turnier mit drei Frauenmannschaften und zwar der Herzberger Fußballfreunde, einer Malitschkendorfer und einer Berliner Mannschaft (Jugendklub) statt. In der Lausitzer Rundschau hieß es als Vorankündigung am 7.6.1975: "Auch die Frauen spielen Fußball". Die HFF-Frauen wurden ungeschlagen Pokalgewinner. Im Februar 1976 wurden die Herzberger Fußballfreunde als Volkssportgruppe der BSG Herzberg 68 angegliedert, der sie bis Ende 2003 angehörten. Bis zum Jahr 1988 trainierten die Mädchen und Frauen regelmäßig, spielten aber aus Mangel an weiteren Gegnerinnen nur gelegentlich in wechselnden Besetzungen. Also auch im Frauenfußball spielte Herzberg eine Vorreiterrolle im Territorium.
In der Saison 2006/07 ist erstmals der erfolgversprechende Versuch unternommen worden, eine Frauenfußballmannschaft in den VfB Herzberg 68 einzugliedern. Die Mädchen und Frauen spielten bis dahin erfolgreich beim Gräfendorfer SV und errangen bereits mehrere Titel und Pokalsiege. Obwohl es auch bei den Herzberger Frauen zum Saisonende nach zwei Unentschieden noch einmal spannend werden sollte, ließen sie sich im Gegensatz zu unseren Männern nicht mehr überraschen und fuhren für den VfB Herzberg 68 im Jubiläumsjahr den ersten Meistertitel im Frauenfußball ein. Das Foto zeigt die Meistermannschaft der Frauen des VfB Herzberg 68 am 21.07.2007 vor dem Großfeldspiel VfB Herzberg 68 und SG Tröbitz/Schlieben gegen den Verbandsligisten SG Kröbeln. Die Mannschaft verabschiedete drei Spielerinnen und ihren Erfolgstrainer Enrico Barz mit einem souveränen 9 : 0-Sieg. Die neue Saison 2007/08 in der Frauenspielunion Elbe-Elster/Senftenberg beginnt am 9. September mit einem Auswärtsspiel gegen die SG Frauendorf/Ponickau. Wir wünschen den Frauen einen erfolgreichen Start und viel Erfolg in den kommenden Spielen.


Foto: Meistermannschaft der Frauen des VfB Herzberg 68 am 21.07.2007 anlässlich "100 Jahre Fußball in Herzberg" Foto: Sven Gückel
hinten v. l.: Enrico Barz, Katharina Schwarz, Kristin Schliebner, Mandy Werner-Gölsdorf, Judith Diecke, Maria Rothbart, Doreen Wolf, Susann Prinz, Katrin Kleiber,
vorn v. l.:Nadin Kopischke, Jenny Bartl, Christin Prinz, Mareike Kuhring, Doreen Wiesner, Katrin Zöfelt, Antje Peinl.

Jürgen Schulze



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