100 Jahre Fußball in Herzberg

Kurt Lehmann - eine Herzberger Sportler-Legende

Die Geschichte des Fußballsports in der Elsterstadt Herzberg brachte einige herausragende Sportler hervor. Vom überragenden Torwart Alvensleben über den Deutschen Waldlaufmeister 1924 - Richard Graßmann - führt die Spur zum Allround-Sportler Kurt Lehmann.
Helmut Knuppe, der in seiner Fußballjugend das Glück hatte, von Kurt Lehmann beim VfB trainiert und betreut zu werden, berichtet folgendes über diese Zeit:
Kurt Lehmann aus der Badstraße Nr. 5, im Zivilberuf Tischler in der bekannten Herzberger Möbelfabrik Schlieben (Anhalter Straße), nutzte jede freie Minute, um sich als Leichtathlet, als Fußballer, Trainer und Schiedsrichter einen Namen zu machen. Es gab kaum eine Sportveranstaltung im damaligen Mitteldeutschland, an der Kurt Lehmann (l903-1984) nicht mit Erfolg als Leichtathlet teilnahm. Auch er war ein aktiver VfB-Fußballer von Kind an und was viele Herzberger nicht wissen, ein Sportler, der viele Stunden seiner Freizeit opferte, um den fußballerischen Nachwuchs des VfB zweimal in der Woche auf die Wochenendspie1e gründlich vorzubereiten.
Wer als Knabe oder Jugendlicher seinen Trainingsmannschaften angehörte, musste sich einem strengen Trainingsrhythmus unterwerfen. Bei schlechtem Wetter und im Winter wurde in der alten Turnhalle am Sportplatz und im Sommerhalbjahr draußen auf dem Sportplatz trainiert. Das heißt, Kurt Lehmann forderte den ganzen Sportler auch im Turnen und in der Leichtathletik. Die leichtathletischen Disziplinen und Gymnastik waren selbstverständliche Inhalte seiner Trainingsstunden, bevor das eigentliche Fußballtraining begann. Stoppen des Balles mit dem Fuß (links, rechts), mit der Brust, das Köpfen des Balles von Mann zu Mann, der richtige Einwurf an der Seitenlinie, Straf- und Eckstöße, das Dribbeln mit dem Ball (allein, zu zweien und im Trio)‚ das Freilaufen der Mitspieler und andere fußballtechnische Feinheiten festigten die Ballsicherheit der Spieler in den Knaben- und Jugendmannschaften des VfB.
Die Ergebnisse konnten sich sehen lassen. Der wohl höchste Sieg unserer Jugendmannschaft im Jahre 1941, war der 39 : 0-Sieg über eine Auswahl von Herzberg-Land (Spieler aus den umliegenden Dörfern). Die gleiche Mannschaft des VfB schlug Holzdorf 25 : 0, wobei im
starken Schneetreiben unser Torwart Hans Schöne (damals wohnhaft Bodenhausenstraße Nr. 15) einen Elfmeter verwandelte, für die damalige Zeit eine nicht übliche Tätigkeit eines Torwarts. Von taktischen Finessen wie Spiel mit Libero oder einer Viererkette wussten wir noch nichts. Gespielt wurde generell mit einem Schlussdreieck (Tormann und zwei Verteidiger), drei Läufern und fünf Stürmern, eine vermeintlich offensive Aufstellung.

v.l.n.r.: Horst Lihr, Rudolf Krause, Karl Streubel, ?, Paul Hofmann, Heinz Rietz (VfB Herzberg Jugend) in der Anhalter Straße auf dem Weg zum Reichsbahnhof

Die Knabenmannschaft des VfB Herzberg 1938 und die spätere Jugendmannschaft 1939-1942 setzte sich um 1941 aus folgenden Spielern zusammen:
Tor: Hans Schöne (Bodenhausenstr.), Rudolf Krause (Sendersiedlung) vermisst 1943 in Russland, Karl-Heinz Krüger (Schliebener Str.); Verteidiger: Otto Weichert (Schloßstr.) vermisst 1945 in Ungarn, Heinz Thiemig (Eckenerstr.); Läufer: Werner Lorenz (Uebigauer Str.), Wolfgang Steinert (Schliebener Str.), Karl Streubel (Mönchstr.); Stürmer: Gerhard Graßmann, Paul Hofmann (Kirchturm), Heinz Rietz (Rathaus) gefallen 1944 bei Cherbourg, Helmut Knuppe (Eckenerstr.), Horst Dittmann (Eckenerstr.).
Weiter gehörten die Spieler Hermann Bettke (Anhalter Str.), Heinz Pötzsch (Schliebener Str.) Gerhard und Helmut Mierisch (Breiter Weg), Horst Lihr (Grünstr.), Harry Lehmann (Dresdener Str.), Rolf Huth (Schliebener Str.) u. a. zur Mannschaft. Die genannten Spieler gehörten den Jahrgängen 1923 bis 1925 an. Das Schicksal der VfB-Jugendmannschaft wurde 1942 besiegelt, da schon 1941 mehrere Spieler zur Wehrmacht einberufen wurden oder sich freiwillig zum Kriegsdienst meldeten. Ab 1943 waren keine jungen Spieler mehr vorhanden, um eine aktive und starke Jugendmannschaft zu unterhalten.
Die vorbildliche Arbeit unseres Trainers Kurt Lehmann erhielt durch dessen eigene erfolgreiche leichtathletische Laufbahn nachahmenswerte Ziele, die auch die jungen Spieler der VfB-Knaben- und Jugendmannschaften anspornte. Es war schon etwas Besonderes, von einem Sportler trainiert zu werden, der bei der Sommerolympiade 1936 das olympische Feuer auf einer Teilstrecke der F 101 in Richtung Berlin tragen durfte.

Die außergewöhnlichen Leistungen Kurt Lehmanns in der Leichtathletik seien nur durch drei Beispiele ergänzt:
1. Zeitung für den Kreis Schweinitz Nr. 131 vom 06.06.1928:
"Kurt Lehmann (VfB) siegt in Merseburg.
Kurt Lehmann vom VfB Herzberg weilte am Sonntag in Merseburg, um an den Wettkämpfen des Sportvereins von 1899 in Merseburg teilzunehmen. Erschienen war fast die gesamte mitteldeutsche Elite. Trotz schwerer Konkurrenz konnte K. Lehmann im Weitsprung unter 40 Teilnehmern den ersten Platz mit einer Leistung von 6,31 Meter belegen. Im 1500-Meter-Laufen konnte Lehmann trotz ebenfalls erstklassiger Besetzung einen Platz belegen und kam als Fünfter ein. Die Zeit betrug 4.17 Min. Erster Sieger in dieser Konkurrenz wurde Bräutigam vom VfB-Leipzig. Wir gratulieren Herrn Lehmann herzlichst zu seinen Leistungen. Brhld"

2. Zeitung für den Kreis Schweinitz Nr. 151 vom 29.06.1929:
"Die Mitteldeutschen Leichtathletikmeisterschaften
die am heutigen Sonnabend und morgen, Sonntag, in Halle stattfinden, werden auch in diesem Jahre wieder vom hiesigen Verein für Bewegungsspiele beschickt. Es ist der hier bestens bekannte Kurt Lehmann, der heute im 1500-Meter-Lauf und morgen im Weitsprung starten wird. Bekanntlich zählt Lehmann in diesen Wettkampfarten zu den 10 Besten Mitteldeutschlands. ww."

3. Bei den leichtathletischen Gaumeisterschaften des Elbe-Elster-Gaues im Verband Mitteldeutscher Ballspielvereine, die 1929 auf dem im Jahr zuvor neu eingerichteten Sportplatz in Herzberg stattfanden, siegte Kurt Lehmann allein in vier von elf ausgetragenen Einzeldisziplinen (Zeitung für den Kreis Schweinitz Nr. 158 vom 08.07.1929):
400 m Lauf: 1. Platz Kurt Lehmann-Herzberg 52,1 Sek.,
800 m Lauf: 1. Platz Kurt Lehmann-Herzberg 2:24 Min.,
1500 m Lauf: 1. Platz Kurt Lehmann-Herzberg 4:53 Min.,
Weitsprung: 1. Platz Kurt Lehmann-Herzberg 6,30 m,
Speerwerfen: 3. Platz Kurt Lehmann-Herzberg 36,90 m.



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