100 Jahre Fußball in Herzberg

Ostern ging es auf den Fußballplatz und ins Theater

Nicht ganz zufällig wurde das 100jährige Fußballjubiläum nicht nur an den VfB Herzberg geknüpft. Immer wieder gab es auch andere Vereine in unserer Stadt, die das Fußballspiel pflegten. Auch diese sollen nicht unerwähnt bleiben.
Eine recht frühe Alternative zum mehr bürgerlich ausgerichteten Verein für Bewegungsspiele war der 1923 gegründete Arbeiter-, Turn- und Sportverein Herzberg a./Elster (ASV).

In Anlehnung an die vier "F" im Logo des Turnvereins, lautete hier das Motto "FROMM-FREI-STARK-TREU". Die Arbeitersportvereine führten eigene Verbandsspiele durch und ermittelten auch einen Bundesmeister. Das Verbot der Arbeitersportvereine unter den Nationalsozialisten 1933 mit der sogenannten "Gleichschaltung des Sports" beendete diese Periode im Herzberger Arbeitersport.
Es war über die Jahre zur Tradition geworden, dass an den Osterfeiertagen besonderer Fußballsport geboten wurde und zahlreiche Zuschauer zum Sportplatz strömten. Höherklassige Mannschaften aus verschiedenen Großstädten weilten deshalb öfter an diesen Tagen in unserer Stadt. So auch vor 80 Jahren, wo in der Zeitung für den Kreis Schweinitz vom 17.04.1927 berichtet wird: "Zum 1. Osterfeiertag ist es der ASV-Leitung gelungen, ein Spiel mit "Fichte 21" Berlin-Lichtenrade festzumachen. Der ASV-Elf, die durch Verreisen einiger Spieler mit Ersatz antreten muss, wird es nicht leicht sein, das Spiel offen zu halten, zumal der Mittelläufer, die Stütze des Sturmes, fehlt, und wiederum der Sturmführer den Mittelläuferposten ersetzen muss. Die Hintermannschaft wird den Angriffen der Fichte-Elf gewachsen sein, und der Sturm muss alles daran setzen, um mit Erfolg das Tor in Angriff zu nehmen, denn nach Berichten ist die Fichte-Elf eine der führenden des dortigen Bezirks. Es ist also ein interessantes Spiel zu erwarten und der Besuch kann nur empfohlen werden. Hoffentlich zeigt sich der launige April von der guten Seite, sonst muss das Spiel noch telegraphisch abgerufen werden."
Der Wettergott hatte ein Einsehen - es musste nicht abgesagt werden. Das Spiel war reich an spannenden Momenten und die technisch besser spielende Mannschaft aus Berlin-Lichtenrade ging bis zur Pause mit Rückenwind spielend 5 : 2 in Führung. Trotz drückender Überlegenheit des ASV fielen in der zweiten Hälfte keine Tore mehr. Am Abend hatte der ASV zu einer Werbeveranstaltung eingeladen. Neben einem Theaterstück veranstaltete man auch einen Ringkampf, um mehr Interesse für die Schwerathletik zu wecken. Der Tag verlief zur allgemeinen Zufriedenheit.

Der Verein für Bewegungsspiele, der offensichtlich zu Gunsten des ASV auf die Austragung eines Fußballspiels an diesem Tag verzichtete, ließ es sich jedoch nicht nehmen, ebenfalls einen öffentlichen Theaterabend abzuhalten. Der Saal im Hotel "Zur Sonne" war bis auf den letzten Platz ausverkauft, so dass sogar am folgenden Sonntag eine Wiederholungsveranstaltung anberaumt wurde.
Ein anderer Zeitungsartikel vom April 1927 verrät uns einige Namen der 1. ASV-Mannschaft: Krause, Wilhelm, Große - Thomas, Baumann, Heinzelmann - Deininger, Wallmann, Hillmann, Richter, Schollbach.
Es ist sicher kein Zufall, dass in dieser Mannschaft auch bekannte VfB-Namen auftauchen. Generationen von Herzberger Fußballern kennen das Problem, dass häufig nebenbei auch in anderen Mannschaften gespielt wurde. Das bestätigt auch eine treffende Protokollniederschrift einer VfB-Versammlung vom 30.04.1932, wo es heißt: "Von einer reinen Sucht sind einzelne Mitglieder unseres Vereins befallen. Nicht genug, dass sie bei uns spielen, gehen sie zu den Nachbarvereinen wie Grochwitz und Kaxdorf und wirken dort mit. Das schädigt nur unseren Verein. Eins gibt es nur - entweder hier oder dort."

Foto: Seltene Aufnahme einer ASV-Mannschaft von 1927:
stehend v.l.n.r.: ?, Otto Wilhelm, ?, Hans Nitsche, ?, Friedrich Richter, ?, ?,
sitzend v.l.n.r.: ?, Walter Hillmann, Willi Thomas

Jürgen Schulze



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