Fastnacht
im Verein für Bewegungsspiele
Als Fastnacht oder Karneval bzw.
Fasching wird traditionell die Zeit der Ausgelassenheit, Fröhlichkeit
und überschäumenden Lebensfreude vor Beginn der christlichen
Passionszeit bezeichnet. Die Fastnachtsfeiern waren in der Vergangenheit
auch in unserer Heimatstadt weit verbreitet. Jeder Verein und auch
die zahlreichen Gaststätten nutzten die Gelegenheit, um etwas
Licht und Freude in die dunkle Jahreszeit zu bringen. Auch im Veranstaltungskalender
des Vereins für Bewegungsspiele (VfB) Herzberg hatte das Fastnachts-Vergnügen
einen festen Platz und die Herzberger von damals verstanden es schon,
besondere Feste auszurichten.
Einen ersten Hinweis über die Durchführung einer öffentlichen
Fastnachtsveranstaltung des VfB finden wir im Schweinitzer Kreisblatt
aus dem Jahr 1910. Dort heißt es unter der Rubrik "Aus
der Provinz und Umgebung":
"Herzberg, 23. Jan. 1911. Wenn hier an dieser Stelle noch einmal
dem Vergnügen des Vereins für Bewegungsspiele, welches
am Sonnabend in dem Saale der Weintraube abgehalten wurde, Erwähnung
geschieht, so ist dies wohl nur darum, den einmütigen Wunsch
aller Zuschauer zum Ausdruck zu bringen, der Verein möge bald
wieder mit derartigen Darbietungen an die Öffentlichkeit treten,
und dann um die Befriedigung über das Gesehene auszudrücken,
welche jeder mit aus dem Saal genommen hat. Bitter Unrecht würde
man tun, wenn man von einem der Mitwirkenden sagen wollte, der brauchte
nicht aufzutreten oder sonst wie, nein, jedem ist es gelungen, den
an ihn gestellten Anforderungen voll und ganz gerecht zu werden.
Wohl selten wird in der Auswahl eines Theaterstückes und noch
dazu eines Einakters, ein so guter Griff getan, wie es hier der
Fall war. Mancher ist gekommen und hat das Entree für teuer
gehalten, alle aber hätten nachher auch gern noch mehr gezahlt.
Denn dass dieser junge Verein etwas zu leisten imstande ist, haben
wir gesehen und wird uns die Zukunft wohl noch besser lehren, und
dass dieser Geist der die Mitglieder jetzt beseelt, erhalten bleibt,
soll unser Wunsch sein."
Diese Tradition wurde über Jahrzehnte aufrecht erhalten und
meist unter ein bestimmtes Thema gestellt. Beispiele hierfür
sind:
17. Februar 1912: Fastnachts-Vergnügen in der Gestalt eines
Waldfestes in der
Gaststätte "Zum Siegeskranz",
15. Februar 1913: Fastnachts-Vergnügen in Gestalt eines Kabarett-Abends
im "Schützenhaus",
31. Januar 1914: Fastnachts-Vergnügen als ein großes
Gartenfestes
im "Siegeskranz",
12. Februar 1921: Fastnachts-Vergnügen in Form eines Bauernballes
im "Schützenhaus",
05. Februar 1927 : Fastnachts-Vergnügen im "Schützenhaus"
in Gestalt einer
"Rheinische Karnevalssitzung",
25. Februar 1933: Fastnachts-Vergnügen als Bunter Abend im
"Hotel zur Sonne".
Es fällt auf, dass die Lokalitäten
(von denen heute keine mehr nutzbar ist!) des öfteren gewechselt
wurden, vermutlich um jeden Wirt einmal die Gunst zu erweisen. Besondere
Kreativität und Mühe hatte man 1914 bei der Ausrichtung
des Gartenfestes an den Tag gelegt. Bei der Ankündigung heißt
es: "... so wird auch die diesjährige Veranstaltung etwas
hierorts noch nie Gebotenes bedeuten, sind doch auch die diesjährigen
Unkosten bedeutender als die der Vorjahre. - Einen lebenden grünenden
Garten mit tausenden von Blumen wird der Saal des "Siegeskranz"
darstellen und jeden Besucher wird es märchenhaft erscheinen,
im Winter inmitten dieses wahren Blütenmeeres zu wandeln."
Das äußerst reichhaltige Programm umfasste 16 Punkte.
Von Konzert, Theater, humoristischen Vorträgen, usw. bis zu
der genialen Idee der Verlosung sämtlicher Gewächse am
Ende der Veranstaltung reichte das Programm an diesem Abend. Bemerkenswert
ist auch die Tatsache, das bereits am Freitagabend gegen ein Eintrittsgeld
von 15 Pfennig der fertig geschmückte Blumengarten-Saal des
Siegeskranzes besichtigt werden konnte und dass trotz der höheren
Kosten ein Überschuss erwirtschaftet wurde. Ein glücklicher
Zufall ist es wohl auch, dass uns sogar ein Foto von dieser Veranstaltung
überliefert ist.
Foto: Vermutlich Beteiligte am Abendprogramm des Gartenfestes am
31.01.1914 im Siegeskranz-Saal (namentlich leider nicht bekannt)
Jürgen Schulze
VfB Herzberg 68 e.V.