Erster Weltkrieg setzte Entwicklung
ein jähes Ende
Nachdem im letzten Beitrag in der
Vereinsepoche von "Traktor Herzberg" gestöbert wurde,
soll heute ein Blick in die Geschichte des "Vereins für
Bewegungsspiele" vor 90 Jahren geworfen werden. Gegründet
im Jahre 1907 entwickelte sich der junge Verein kontinuierlich -
bis der Ausbruch des I. Weltkrieges 1914 dem jäh ein Ende setzte.
Der Spielbetrieb brach im gesamten Deutschen Reich zusammen. Euphorisch
eilte die Jugend zu den Waffen, um bald ernüchtert, teils verkrüppelt
oder nie wieder zurückzukehren. Viele Mannschaften bekamen
nicht mehr genügend Spieler für eine Elf zusammen. In
Herzberg wurde der Fußballsport in den Folgejahren durch eine
sogenannte "Kriegsmannschaft", in der noch einige Aktive
und vor allem Jugendliche vereint waren, aufrecht erhalten. Als
jedoch mit der Dauer des Krieges auch die jüngsten Jahrgänge
zum Kriegsdienst einberufen wurden, ruhte das Vereinsleben vollends.
Ein Zeitungsbericht aus der "Zeitung für den Kreis Schweinitz"
des Jahres 1916 gibt recht eindrucksvoll den "Zeitgeist"
dieser Epoche wider. Der Stil der Berichterstattung des folgenden
Fußballspiels scheint dem von den Schlachtfeldern des Krieges
abgeschaut zu sein. Bemerkenswert auch der äußerst seltene
Abdruck einer Mannschaftsaufstellung für dieses Spiel. Ein
Vergleich mit der Gefallenenliste offenbart das Ausmaß des
unheilvollen I. Weltkrieges auch für den Verein. Die angegebenen
Namen sollten die Nachkommen dieser VfB-Spieler dazu inspirieren,
mal in den Familien-Analen nachzuforschen, ob es darüber noch
weitere Informationen gibt, um diese dem Chronisten zur Berücksichtigung
zeitweise zur Verfügung zu stellen.
Quelle: Broschüre "25 Jahre Verein für Bewegungsspiele
Herzberg (Elster)" 1932
Herzberg. [Fußballsport.]
Einen völlig unerwarteten Sieg errang am gestrigen Sonntage
der hiesige "Verein für Bewegungsspiele". Es standen
sich die I. Mannschaft des Sportklubs "Sportfreunde" Torgau
und die Kriegsmannschaft des hiesigen "V. f. B." zum Fußball-Wettkampf
gegenüber. Wie vielen Gönnern und Freunden des Sports
noch in Erinnerung sein wird, sind die Torgauer "Sportsfreunde"
ehemalige Fußball-Meister des Elbe-Elster-Gaues aus der Saison
1913/14. Das Spiel beginnt mit dem Anstoß der "Bewegungsspieler".
Sofort entwickelt sich ein scharfer erwartungsvoller Kampf. Anfänglich
erscheint Torgau den hiesigen völlig überlegen. Doch da,
die "Bewegungsspieler" entfachen ihren Mut, ihren Angriffsgeist,
und es gelingt durch ein flottes Zusammenspiel dem Linksaußen
durch wohlgezielten Schuss den ersten Erfolg an sein blau-weißes
Banner zu knüpfen. Brawo-Rufe ertönen vonseiten der zahlreich
erschienenen Zuschauer. Doch diesem Erfolge sollte bald ein weiterer
folgen. Da, die Torgauer, begünstigt durch den Wind, raffen
ihre Kräfte zusammen und es gelingt ihnen nach längerem
Toben des Kampfes und mehrmaliger glatter Abwehr aller ihrer Angriffe
durch die hiesige Verteidigung, den ersten Erfolg zu erzielen. Das
Spiel naht sich der Halbzeit. Soll es zugunsten Herzbergs entschieden
bleiben? Nein, Torgau kommt durch einen Elfmeterball in den Besitz
eines zweiten Erfolges. Das Spiel steht Unentschieden 2 : 2. Mit
dem Anstoß der Torgauer geht es in die zweite Spielhälfte.
Torgau bleibt überlegen in seiner Angriffstätigkeit. Es
gelingt ihnen durch flottes Vorgehen, ein drittes Tor zu erringen.
Weiter tobt der hochinteressante, überaus spannende Kampf.
Soll Herzberg in diesem Kampf unterliegen? Nein, die "Bewegungsspieler"
erwachen, sich das Vorgehen des Gegners zu Herzen nehmend, gelingt
es wieder, das Spiel als Unentschieden herzustellen. Das Spiel naht
sich dem Ende. Soll das Spiel unentschieden bleiben? Nein, mit erstaunlichem
Schneid stürmen die altbewährten "Bewegungsspieler"
vor, und es geling, die Entscheidung herbeizuführen. Nein,
noch nicht genug soll es sein, der Rechtsaußen der hiesigen
Elf schickt kurz vor Schluss den fünften Erfolg in das Netz,
während Torgau jetzt erfolglos blieb. Als Sieger mit 5 : 3
konnten die Hiesigen den Sportplatz verlassen. Die siegreiche Mannschaft
spielte in folgender Aufstellung:
Graßmann - H. Müller - W. Winzer - G. Schweingel - Brauer
W. Schweingel - Grüß - P. Müller
Barthel - Hänf
Mahlow
(Quelle: Zeitung für den Kreis Schweinitz, 19.Jahrgang; Nr.
121, Herzberg (Elster), Dienstag den 10. Oktober 1916)
Jürgen Schulze
VfB Herzberg 68